Heimatland
Wissenschaftler aus Nepal haben eine Theorie entwickelt, dass Affen keine dauerhafte Adresse haben, das heißt keinen dauerhaften Platz zum Ruhen und Schlafen. Sie sind ständig unterwegs auf Nahrungssuche. Sie schlafen überall.
Chinesische Wissenschaftler stimmen einer solchen Theorie nicht zu, sie haben sogar ein Reservat geschaffen, die so genannte "Insel der Affen". Man verpflanzte Dorfbewohner aus der Gegend an andere Orte, nur um die lieben Primaten bei ihrem friedvollen Leben nicht zu stören.
Wie viele in Polen während der Sowjetzeit geborene Kinder habe ich keinerlei Stammbaum und man kann mich ganz einfach einen Nirgendwo-Menschen nennen, der in Peking sitzt und aus der Ferne auf seine Vergangenheit schaut. Ich nehme mit Heimweh einige Personen und Orte in Europa wahr, die ich als meine Familie und mein Vaterland bezeichnen kann. Sie sind Mitglieder meines virtuellen Heimatlandes, in das ich im Begriff bin zurückzukehren, indem ich diese Erinnerungen aufzeichne.
1. Meine Vorfahren, Brüder und Cousinen
Ich rechnete nach während des Schlafes (ja, es kommt vor, dass ich im Unbewussten Mathematik mache), dass meine Großväter, sowohl väterlicher- wie mütterlicherseits, zusammen 19 Kinder hatten. Das bedeutet, ich habe etwa 17 Onkel und Tanten. Einige von ihnen starben, aber die anderen brachten wieder 39 Kinder zur Welt. Das heißt, ich habe etwa 38 Brüder und Schwestern von ihnen. Wie viele Kinder diese zur Welt brachten, davon habe ich keine Vorstellung, aber sehr wahrscheinlich habe ich etwa 100 Vettern und Basen, ohne sie zu kennen oder gesehen zu haben. Sie alle leben irgendwo in Polen.
2. Meine Großväter
Großvater Czeslaw Wisniewski war Forstwart und laut einiger Augenzeugen versteckte er Juden und rettete damit deren Leben und gefährdete sein eigenes. Nein, er hat keinen Baum in "Yad Vashem", er beanspruchte nicht einmal irgendeine Dankbarkeit. In diesen Zeiten war nicht gut, über dieses Thema zu sprechen. Großmutter sprach nur darüber zu mir als er starb und ich Seminarist wurde, tief geheimnisvoll und eifersüchtig. Sie motivierte sein Verhalten auf etwas seltsame Art. Seine erste Liebe sei eine Jüdin gewesen und ihm hatten Verwandte verboten, sie zu heiraten, aber seine Liebe zu ihr währte viele Jahre lang, und deshalb habe er einigen ihrer Verwandten geholfen und vielleicht auch ihr. Daher weiß ich darüber mehr durch andere als meine Familie. Mein Vater, zum Beispiel, erwähnte das nie.
Großvater war arm, und als Jugendlicher bettelte er um Nahrungsmittel. Wenn die Leute ihn fragten, "Warum arbeitest Du nicht?", pflegte er zu antworten: "Geben Sie mir Arbeit und ich werde für meine Nahrung arbeiten." Vielleicht arbeitete wegen des Hungers sein Magen schlecht in dieser Zeit, denn er hatte damit immer Probleme. Als Junge sah ich ihn einmal mit entblößtem Bauch und nahm eine große Narbe wahr. Ich fragte meinen Vater, was das sei, und er antwortete, es sei Krebs und Großvater habe nur noch die Hälfte seines Magens. Die Krankheit kehrte wieder und schließlich starb Großvater im Alter von 66 Jahren. Ich war sein ältester Enkel und 16 Jahre alt am Tage seiner Beerdigung. Es war im Winter 1979.
Er hatte eine schöne tiefe Stimme und gütige stille Augen. Er sang gerne und sein Gesang war schön. Ich erinnere mich an ihn als einen demütigen und friedlichen Menschen. Vielleicht wurde dieser Eindruck vertieft durch seine Krankheit. Er rauchte sehr viel. In seinem kleinen Forsthaus in Czerwonka verbrachte ich mit ihm viele schöne Momente, aber meist sprach er nichts. Er saß nur da und rauchte. Manchmal antwortete er auf Großmutters Fragen mit einem Wort oder zwei. Ich bat ihn oft um Erlaubnis, in den Garten gehen zu dürfen, oder in den Wald, oder mich einfach unter dem Dach verstecken zu dürfen. Er sprach kein Wort, sondern gab nur durch eine Kopfbewegung zu verstehen, dass er einverstanden sei.
Ich lernte nach Pilzen zu suchen und Gras für die Küche zu schneiden. Ihre Forsthütte war so klein, dass die meisten ihrer Gäste im Sommer im Viehstall schlafen mussten, dort, wo das gut riechende frisch gemähte Gras lag. Durch die Löcher im Dach konnte man die Sterne sehen und einige Tiere im Wald hören. Wegen der Stechmücken war es nicht leicht zu schlafen.
Großvater Wladislaw Lewandowski war 10 Jahre älter als Großvater Czeslaw. Er starb als 71-Jähriger. Auch an Krebs. Er war ein ziemlich starker Mann. Die Leute nannten ihn "Pan Lewandowski" (das Wort Pan, Herr, mit besonderem Ausdruck aussprechend, wird so in Polen doch ein blaublütiger Mann angesprochen). Solch einen Titel bekam er wegen seinem 10-Hektar-Hof und seiner Lebensart. Die jüngste Tochter Sophie, meine Tante, sagte mir, dass er, obwohl er vom Dorf war, stets einen guten Eindruck machte, wenn er sie im Pädagogischen Institut in der Stadt Chelmno bei Toruń (Thorn) besuchte. Er war stets gut gekleidet. Zur Zeit der deutschen Besatzung wurde er zuerst zum Verantwortlichen im Dorf gemacht, aber später verzichtete er, weil man ihm alle Backsteine weggenommen hatte, die er zum Hausbau vor dem Krieg gekauft hatte. Die Steine verwendete man zum Bau des Schulgebäudes in Stalmierz und Großvater war sehr unglücklich. Wegen seiner Weigerung schickte man ihn als Zwangsarbeiter nach Deutschland, wo er viele Jahre bis zum Ende des Kriegs verbrachte. Er kam später als anderer wieder zurück mit einem riesigen Bart, so dass ihn Großmutter nicht wiedererkannte. Das ist der Grund, weshalb er meiner Mutter nicht erlaubte, mich Waldemar zu nennen. Mutter hätte mich gerne so genannt. Großvater protestierte: " Die Deutschen haben meine Backsteine für mein Haus weggenommen, Dein Sohn wird keinen deutschen Namen haben." - "Welchen Namen soll er dann haben?" fragte meine Mutter. "Nenne ihn Jaroslaw, um die Russen zu ehren." Solcher Art war das Problem meines Großvaters, das mich betraf und teilweise über meine Zukunft und meine zukünftigen "orientalischen" Aktivitäten entschied. Man kann darüber lächeln, aber manchmal kann jemandes richtig gewählter Name sich auf dessen Leben auswirken.
Großvater hat gar nie mehr angefangen, ein neues Haus zu bauen. Im neuen Polen war es zu schwierig für viele Bauern, irgendwelche neuen Projekte zu beginnen. Meist kämpften sie ums Überleben als eine Klasse im sozialistischen Land. Polen war das einzige mit privatwirtschaftlichen Bauern. Alle anderen waren kollektiviert. Polnische Bauern waren wie die Priester die einzigen in der Bevölkerung, die unter dem Mangel an kostenloser medizinischer Versorgung und durch ein restriktives Rentensystem leiden mussten. Wenn ein Bauer in Rente gehen wollte, musste er seinen Bauernhof dem Staat vermachen, wenn nicht, hatte er nicht wie alle anderen Alten im Lande eine Pension. Großvater Wladislaw hatte kein Haar, trug eine Brille und rauchte auch stark. Manchmal trank er auch viel und spielte gern Karten. Deshalb hatte er auch stets viele Gäste. Ein weiterer Grund war, weil er gerne in der Zeitung las und als erster im Dorf einen Fernseher hatte. Die Menschen in der Nachbarschaft waren immer neugierig auf seine Meinung. Er sprach wie ein Dorfgelehrter. In der Tat war er gerade vor dem 1. Weltkrieg (er wurde 1903 geboren) in einer russischen Elementarschule in der Gemeinde Obory, 15 km von der Grenze zu Ostpreußen ausgebildet worden. Ich war 12 Jahre alt, als er starb.
Beide starben zu bald, um mein Leben ernsthaft beeinflussen zu können, aber da sie das Leben meiner Eltern ernsthaft beeinflussten, muss ich ihnen dankbar sein.
3. Jadwiga und Janina
Großmutter Jadwiga aus Nowe bei Chrostkow, geborene Zglinska, wuchs in einer wohlhabenden Familie auf, und sie machte manchmal Bemerkungen gegenüber dem Großvater, dass seine Familie ärmer sei als ihre. Im Vergleich zum Großvater war sie 6 Jahre jünger und hatte keine Ausbildung. Sie wurde 1909 geboren. In ihrer Kindheit begann gerade der Erste Weltkrieg. Sie war die einzige Analphabetin, die ich in Polen kenne. Sie konnte nicht lesen oder schreiben. Sie unterschrieb mit einem Kreuz. Deshalb war Großvater Wladislaw ein bisschen böse auf sie.
Er erwähnte später oft mir gegenüber sein ungerechtes Benehmen.
Sie war jünger, lebte etwas länger, daher hatte ich die Gelegenheit, aus ihrem Munde die Familiengeschichte zu erfahren.
Zu ihren Lieblingsthemen gehörte der Erste Weltkrieg. Sie erzählte mir von ihren drei Brüdern, die gegen die Rote Armee im Neuen Polen kämpften. Einer von ihnen war sogar in Kiew. Der andere verteidigte, als die Rote Armee ganz nah an Warschau anrückte, die Stadt Toruń. In seinem Brief standen Worte wie: "Ich bin so nahe bei Euch, dass ich das Hühnergegacker morgens höre, wie es im Heimatdorf war."
Meine Großmutter hatte die Gabe, mit Inbrunst zu erzählen. Sie hatte ein großes Foto ihres jüngsten Sohnes John, der den Hof erbte nach Großvaters Tod, aber er starb auch im selben Jahr als 27-Jähriger durch Selbstmord. Sie sprach zu ihm täglich. Manchmal war ihre Stimme friedlich, aber häufig sehr heftig.
Genau so sprach sie mit ihrem Fernseher. Ich hatte den Eindruck, sie glaubte, die Schauspieler oder Journalisten hörten ihre Kommentare. Sie war sehr ärgerlich, wenn sie Frauen bei Sportwettkämpfen sah. Sie sagte dann, es sei nicht gut, nackte Beine in der Öffentlichkeit zu zeigen. Sie hatte langes Haar und ließ sie nie schneiden, sondern pflegte sie jeden Morgen.
Sie starb allein beim Füttern der Hühner. Niemand weiß, wie lange sie auf dem Boden lag. Nachbarn brachten sie gelähmt zum Krankenhaus, aber sie wachte nie mehr aus dem Koma auf.
Bei der Trauerfeier sah sie jünger aus und schön. Sie hatte wirklichen Frieden gefunden nach einem langen Leben voller Härten.
Wir wurden Freunde vor ihrem Tod, und deshalb erscheint sie mir oft in meinen Träumen, aber als Mädchen. Wir sprachen als gute Freunde. Ich liebe sie noch immer sehr und vermisse sie.
Großmutter Janina, Mädchenname Kazmierczak, war 12 Jahre jünger als Jadwiga. Sie kennt Bücher, besonders religiöse, und schaut Fernsehen ohne Kommentierungen. Sie liebt es, ihre Zeit in der Kirche zu verbringen, so dass einmal ein Priester ihr die Schlüssel gab und sagte: "Wenn Sie mit Beten fertig sind, schließen Sie die Kirche ab und bringen mir die Schlüssel." Später fertigte er einen Schlüssel an, eigens für sie.
Richard, ihr ältester Sohn, ist mein Vater, also bin ich ihr ältester Enkel. Nicht überraschend, dass ich unter ihren anderen Enkelkindern einige Privilegien genieße. Deshalb kenne ich auch einige ihrer Geheimnisse. Ich kann Euch sagen, ich war kein dankbarer Schüler. Ich weiß von ihr viele Geschichte über die heimatlichen Orte von Vater und einige Nachrichten über die engere und weitere Familie.
Sie ist noch am Leben und so mag sie eines Tages diese Geschichten lesen, wenn sie bald in geschriebener Form erscheinen.
4. Einige Verwandte im Kirchendienst und einige Ausländer
Als Priester bin ich stolz, einige religiöse Verwandte zu haben, sogar im Ausland.
Irgendwo in New Jersey wohnt immer noch Schwester Fidelma Klutkowski, die aus Linden stammt. Sie ist eine nahe Familienangehörige von Großvater Wladislaw, dessen Schwester Laurie Lewandowski mit 16 Jahren in die USA ging und dort einen polnischen Auswanderer Mr. Klutkowski heiratete. Fidelma muss also meine Tante großväterlicherseits sein.
Ich kenne sie nur von den Briefen und Geschenken her, die sie uns in den 1970er und 1980er Jahren schickte. Polen war damals wirklich sehr arm und ich war so glücklich und stolz, als Junge Hemden mit der Aufschrift LINDEN anzuziehen.
Väterlicherseits haben wir eine Nonne in der Stadt Tczew (Dirschau) bei Gdansk (Danzig). Sie war Superiorin dort, als ich das Seminar beendete. Mein Vater ist auch mit einem Pater im Pallotinerkloster in Zabki bei Warschau verwandt. Sein Name ist Stanislaw Chabinski SAC [Societas Apostolatus Catholici; d. Übers.]. Er arbeitet im Verlagshaus der Pallotiner und er selbst als Wissenschaftler veröffentlicht kleine Bücher zur spirituellen Führung. Ich bin auf ihn sehr stolz.
Eine seiner Schwestern in Skierniewice verwahrt einen Stammbaum seines Familienzweiges, aber ich kenne sie nicht. Ich kenne auch ihre Aufzeichnungen nicht.
Ich weiß nur, dass der Großteil dieser Familie im Dreieck Łowicz (Lowitz) - Kutno - Skierniewice lebte.
Eines der Familiengeheimnisse väterlicherseits waren irgendwelche Ausländer in Frankreich und Deutschland. Dort Verwandte zu haben, wurde in Polen zur Zeit der Sowjets stets bestraft. So war die Zeit.
Ich weiß nur vom Hörensagen, dass Verwandte in Deutschland möglicherweise die Familie von Großvater Czeslaws jüngerem Bruder ist. Er wurde gezwungen, während des Krieges irgendwo in Deutschland zu arbeiten, aber er kam nie zurück. Er war auch nicht verstorben, er war nur verschollen, aber die Familie war überzeugt, das er überlebt hatte und in Deutschland eine Familie hat.
Ich schreibe dies in der Hoffnung, dass ich sie eines Tages kennen lernen werde, die Familie mit demselben Namen und DNA.
Die französische Familie lebt irgendwo bei Bordeaux und deren Geschichte kennt man besser im Familienzweig eines anderen Czeslaw-Bruders im polnischen Biskupice.
5. Die Großstadt Łódź und einige verwandte Bürger
Ich hoffe, es gibt in meiner Familie keine VIPs [very important people; sehr bedeutende Persönlichkeiten; d. Übers.], die im ganzen Land berühmt sind, aber die geographische Verbreitung der Wisniewski, Lewandowski, Kasmierczak oder Zglinski ist so weit, dass jeder zehnte Pole denken könnte, wir könnten entfernte Verwandte sein.
Drei Schwestern des Vaters, unter ihnen meine Taufpatin, deren Kinder und Enkelkinder wählten die Großstadt Łódź als ihre dauernde Bleibe.
Die mir am besten bekannte Adresse ist für mich die Olsztynska (Allensteiner) Straße zwischen Łódź Kaliska und Łódź Zabie im Norden des Stadtzentrums. Ich besuchte diesen Ort als Junge. Damals lebten wir in der Stadt Zielun, Bezirk Zuromin. Die nächste Bahnstation war in Sierpc oder in Lidzbark (Heilsberg), weshalb ich mich an diese Bahnstationen und auch an Płock (Plozk) erinnere, welch letztere Stadt ich durch das Fenster bei Nacht durch die Feuer der Petrochemie-Gesellschaft erleuchtet sah.
Mieczyslawa, Jadwiga, Zuzanna ..., das sind ihre Namen. In Jadwigas und Zuzannas Haus bin ich nie gewesen. Vielleicht lebten sie in ärmlichen Verhältnissen. Auch war ihr Familienstatus unklar. Jadwigas Tochter ist Monika, Zuzannas Angelica. Sie besuchten von Zeit zu Zeit die "Großmutter in Czerwonka", weshalb ich sie ein wenig kenne. Sie waren hübsche Mädchen. Vielleicht haben sie ebenso hübsche Kinder.
Peter und Paul, die Kinder meiner Taufpatin Mieczyslawa, "typisch bürgerlich", etwas jünger als ich, sahen gebildeter aus als ich. Das war immer in Polen ein versteckter Komplex von Dorfkindern gegenüber Stadtkindern. In ihrer Gegenwart hatte ich den gleichen Komplex. Sie waren nett gekleidet. Sie besuchten Großmutter Janina und beschäftigten sie den ganzen Sommer über und ich war zu schüchtern, sie zu besuchen, wenn sie da waren. Es schien mir, sie seien die Gastgeber und ich nur der Dorfbesucher.
In Łódź liebe ich den alten Markt und die orthodoxe Kirche im Zentrum.
Ich mag auch Łódź-Lagiewniki, weit im Norden, die Franziskaner-Grabstätte des seligen Rafal Chylinski und das Höhere Seminar der Franziskaner.
Łódź sieht von allen Seiten gleich aus. Es ist leicht, sich ohne gutes Ortsgedächtnis zu verirren. Es ist die zweitgrößte Millionenstadt Polens.
6. Bydgoszcz (Bromberger) Banden usw. ...
Bydgoszcz (Bromberg) in deutscher Zeit: Bromberg ist voller Kanäle, alt-preußische Häuser im holländischen Stil aus Backsteinen und Holz als Baumaterial. Großer Bahnhof und eine runde Basilika von irgendwelchen Missionaren. Als kleiner Junge war ich hier bei einem Ausflug und wir sahen ein großes Denkmal mit den Namen aller im Krieg umgekommenen Menschen des ganzen Bezirks Bydgoszcz (Bromberg). Unter anderem gab es auch die Inschrift "Rak", was den Skrwilno Wald bedeutete, in welchem 3000 Menschen von der Rypin Gestapo beerdigt wurden, unter ihnen gebildete Menschen, Lehrer, Priester und eine Gruppe polnischer Pfadfinder aus Grudziadz (Graudenz).
Hier wurde meine Mutter im Alter von 17 in der Klinik am rechten Ohr operiert und war seitdem 10 Jahre lang teilweise gelähmt.
Hier verbrachte meine Schwester Margarete (Małgorzata) 4 Studienjahre am Pädagogischen Institut. Am selben Institut studierten viele meiner Klassenkameraden sowohl aus Brodnica als auch Wloclawek. Ich sah sie häufig dort, wenn ich meine Schwester besuchte.
Eine andere Tante Teresa wohnte dort in der Bartosz Głowacki Straße. In ihrer Nähe im Norden der Stadt beginnen die großen Wälder.
In Teresas Haus sah ich manchmal Schwester Magdalena, eine Nonne aus Tczew (Dirschau). Teresas Darek machte mich als Stadtjunge nie verlegen, er war sehr einfach und er träumte davon, Bergmann zu werden. Er war ein bisschen seltsam und liebte den Alkohol wie sein Vater. Aber als er mit Katharina (Kasia) heiratete, wurde er friedlich und Vater einer Familie. Einmal nahm er mich mit ins Kino in den Film "Sergeant Pepper's Lonely Hearts Club Band". Danach, in tiefster Nacht, nahm er mich dorthin mit, wo man Banden von Jugendlichen aus dem Ort gegeneinander kämpfen sehen konnte. Da bekam ich's wirklich mit der Angst zu tun.
7. Die Verwandten aus der Ostrobramska Straße
Nach Warschau fuhr ich von Zeit zu Zeit mit meiner Mutter zum Einkaufen oder wegen ihrer Berufstätigkeit. Sie reiste nicht gerne allein, also nahm sie mich mit. Das waren in meiner Erinnerung schöne Erlebnisse.
Aus jener Zeit habe ich noch vor Augen viele Straßen des Stadtzentrums als Teil meiner Biographie.
Als Schuljunge verbrachte ich zweimal Ferien in irgendeiner Schule auf der Szegedynska Straße in Zoliborz, im Norden unserer Hauptstadt. Ich reiste mit meiner Mutter als 5- oder 6-jähriger Junge und benutzte zum ersten Mal eine Rolltreppe bei der berühmten Sigismund Säule. Zu jener Zeit gab es noch immer nur die Ruine des Königsschlosses, welches im Krieg zerstört wurde. In einer Unterführung sah ich erstmals im Leben einige Bettler. Als Gymnasiast kam ich nach Warschau zum Bücherkauf und zum Besuch der Ostrobramska Straße (Grochow) auf der linken Weichselseite, welche mir aus Kindertagen vor meinem geistigen Auge blieb.
In Warschau auf Grochow wohnte eine weitere von Vaters Schwestern. Sie bekam dort 1970 eine schöne Wohnung. Dies verdankte sie ihrem Manne, der Parteiarbeiter war und ein guter Spezialist für diplomatische Angelegenheiten. Ein Jahr später gingen sie nach Japan und arbeiteten 8 Jahre lang an der Polnischen Botschaft in Tokyo. Ich traf sie erst wieder 1979 nach Großvater Czeslaws Tod.
Aber meine erste Begegnung war im Jahre 1970. Ich war mit meinem Vater, ihr Sohn Darek oder Mariusz hatte wie ich gerade mit der Schule begonnen und wir spielten während der Unterredung von Tante mit Vater. Eine meiner Lieblingsspiele war, den Aufzug zu benützen. Das war mein erstes solches Erlebnis.
1979, nach ihrer Rückkehr, war er als "Ausländer" in einer höheren Klasse als ich, aber er anerkannte mich und sprach mit mir wie zuvor, zeigte mir seine E-Gitarre, seine Bücher, Fotos und CDs aus Japan. Ich lernte dank ihm die Van Halen Gruppe kennen, bevor sie in Polen berühmt wurden.
Sein Vater war unglücklich über meinen Besuch, aber die Tante war immer freundlich zu mir; sie ermunterte mich, weitere Besuch zu machen. Später, als Seminarist, kam ich mit meiner Schwester Margarete und meinem Bruder Czarek auf einen kurzen Besuch. Darek hatte sich gerade verheiratet und er hatte eine kleine süße Tochter.
Zuletzt trafen wir bei meiner hl. Primiz in Skrwilno. Meine Tante war anwesend und Darek mit seiner Frau auch.
8. Eingeborene Pommersche Kujawen
Vier Menschen - mein Papa, sein tragisch ums Leben gekommener Bruder Johann (Janek) und die beiden Schwestern Sofia und Stanisława - haben ihre Heimat im Bezirk Rypin. Hier, und in den benachbarten Bezirken Lipno und Golub-Dobrzyn (die Herkunft meiner Mutter) habe ich die größte Anzahl von Verwandten.
Für die gläubigen Menschen befinden sich hier drei der in ganz Polen berühmten Heiligtümer. Skrwilno, die Heimatpfarrei meines Vaters, ist zwischen dem Heiligtum der Franziskaner Skepe (im Bezirk Lipno) und dem Diözesanheiligtum in Osiek (Bezirk Rypin). Die Vorfahren meiner Mutter besuchten stets die Messe im Karmeliterheiligtum Obory, an malerischem See. Ihr Dorf Lubianki lag gerade am anderen Ufer des Sees, und die Türme konnte man von meines Großvaters Bauernhof aus sehen.
Obory und Lubianki liegen genau auf der Grenze von drei Bezirken und sie wechselt mal hierhin, mal dahin, man weiß nie zu welchem Bezirk schließlich mein Dorf gehört. Der dritte Bezirk in der Nähe von Obory ist Golub-Dobrzyn. Es sind nur 15 Kilometer bis dahin und das Sommerhaus der Familie Chopin lag in der Mittelstadt Shafarnia. Auch sie nahmen an der Sonntagsmesse bei den Karmelitern in Obory teil, und Klein-Chopin gab als junger Knabe Konzerte auf der dortigen Orgel. Darüber gibt es eine eigene Inschrift in der Mitte der Kirche. Mir ist jetzt klar, dass meine Kindheit und die Seine in einer vergleichbaren Landschaft erlebt wurden. Vielleicht habe ich etwas von seiner Empfindsamkeit geerbt.
In russischer Zeit war das Karmeliter-Heiligtum ein Gefängnis-Kloster für all die Karmelitermönche. Die übrigen Klöster in Polen wurden aufgehoben und Novizen wurden nicht aufgenommen. Die mittlere Generation wurde nach Sibirien verschickt; die alten Menschen mussten langsam absterben. So war der Plan.
Ja, von Mutterseite habe ich natürlich Verwandte im Bezirk Golub-Dobrzyn, aber um alle zu beschreiben, würde Zeit beanspruchen und die Hilfe meiner Mutter, die aber unglücklicherweise verstorben ist.
Deshalb habe ich mich entschlossen, euch nur die Geschichte von einigen zu erzählen.
9. Verwandte aus Skrwilno
Ich werde anfangen mit dem Bezirk Rypin, der um die Stadt Skrwilno herum liegt.
Es ist ein sehr malerischer Platz an der Grenze des Dobrzyner Landes und des masowischen Płock [Ausspr.: pwotsk; dt. Plozk].
Unsere Stadt hat eine mittelalterliche Geschichte, aber sie ist wohlbekannt aus der schwedischen Besatzungszeit im 17. Jahrhundert und dem Januaraufstand 1863. In schwedischer Zeit wurde der Ortsgeistliche Czapski zum Märtyrer, als er die Eucharistie vor dem Sakrileg verteidigte. Reiche Leute des Ortes hatten viel Gold und Silber in der mittelalterlichen Siedlung versteckt. Dieses wurde in den 1960ern von einer Gruppe Archäologen entdeckt und wird in einer Sonderausstellung im Thorner Turmmuseum ausgestellt.
Sofia Frydrychowicz hat drei Töchter und zwei Söhne. Iwona, Dorota und Anita heißen die Mädchen. Robert, ihr Bruder, war von Geburt an krank und er starb mit 8 Jahren. Später wurde Arthur geboren - ich schreibe seinen Namen hoffentlich richtig. Er war das am meisten geliebte Kind der ganzen Familie.
Stanisława wohnt im benachbarten Okalewo, im alten Schloss, und hat nur zwei Söhne, Robert und Peter. Ihr Ehemann ist groß und gutaussehend, so hoffe ich, dass die beiden Söhne jetzt auch das gleiche gute Aussehen haben. Großmutter Janina zog in ihren letzten Lebensjahren weg vom kleinen Forsthaus in Czerwonka zu ihnen und bewohnt eine separate Wohnung im 1. Stock bei ihnen im Schloss.
Die Jungens studierten in Bydgoszcz, daher ist es möglich, dass sie zukünftig dort leben werden. Die junge Generation in Polen lebt nicht gerne in Dörfern, da gibt es für sie keine Arbeit und keine Zukunft.
Über die ehemaligen Besitzer des Schlosses gibt es viele Legenden. Eine davon besagt, dass da aus verschiedenen Gründen eine Hochzeit war zwischen einem Jungen und einem Mädchen aus eng verwandten Familien, und dass das Kind behindert geboren wurde. Sie hätten ihr sündhaftes Verhalten verstanden und hätten eine Wallfahrt zu Fuß nach Rom gemacht. Sie erhielten den Segen des Vatikans und durch ein Wunder sei das Kind geheilt worden. Zum Andenken daran wurde in der Nähe des Schlosses eine schöne Kapelle errichtet und ein silbernes Votiv-Bein hängt bis heute in der Pfarrkirche von Skrwilno beim Altar des Hl. Antonius.
Am Marktplatz des schönen Stadtzentrums von Skrwilno wohnt Boguslawa, die Witwe von Janek Wisniewski, Vaters jüngerem Bruder. Er starb auf tragische Weise im gleichen Alter wie Mutters Bruder des gleichen namens Janek: mit 27!
Seine Kinder sind Agnieszka und Martin. Sie haben auch einen kleinen Bruder Tomek vom zweiten Vater.
Meines Vaters Haus ist leer, es ist theoretisch auch mein Haus und meine permanente und offizielle Adresse in Polen. Manchmal wohnt der mittlere Bruder Czarek (Cezary) dort, wenn er seine Arbeit verliert. Das Leben eines Schauspielers ist jetzt in Polen nicht einfach, wie ich mir vorstellen kann, der große Wettbewerb... . Der jüngste Bruder Peter erzählte mir, er sehe, wenn er keine Arbeit hat, verrückt aus, und es wäre besser, ihn nicht zu berühren.
Er nannte unser Haus immer "Gepäckaufbewahrungsort"; in der Tat gibt es nicht so viel Sentimentalität, die mit jenem Ort schmerzlicher Kindheit verbindet.
Das wirkliche und letzte Heim für meine Eltern wurde das Haus meiner mittleren Schwester Małgorzata im entfernten Nordpolen, in der Stadt Chojnice bei Gdansk (Danzig). Margarete hat zwei Kinder, wie mein jüngster Bruder in Płock.
10. Bezirk Lipno...
20 km nördlich von Włocławek an der Weichsel (Wisła) und 50 km südlich von Toruń (Thorn) liegt die Bezirksstadt Lipno. Im Herzen von zwei Hügel fließt wie in Rypin ein kleiner Fluss. Etwa drei Kirchen, eine Lutheranische im Süden und eine schöne malerische Straße nach Bobrowiec mit mittelalterlichen Ruinen auf dem Ufer des Weichselflusses (Wisła). Man kann dort das Boot nehmen, den Fluss überqueren und das älteste polnische Sanatorium Ciechocinek besuchen.
Meine Verwandten in Lipno haben den Familiennamen Wenderlich, einen typisch deutschen Namen, deshalb haben sie zweifelsohne gemischtes Blut und irgendwelche deutsche Vorfahren väterlicherseits ... sehr wahrscheinlich ich selbst auch ... wie viele andere Polen im Nord- und Südpolen. In der Region Pommern ist niemand überrascht, schert sich sogar nicht mal darum, wenn jemand solch einen deutschen Namen trägt. Meine Tante Genowefa ist die mittlere Schwester meiner Mutter. Sie heiratete den Bauern Feliks Wenderlich und gebar ihm 5 Kinder. Sie erzählte mir vor einiger Zeit, dass, nachdem sie einen von ihnen zu Hause geboren hatte, sie am gleichen Tag mit blutverschmierten Beinen auf den Hof zum Arbeiten ging. Diese Menschen arbeiteten schwer bei Tag und Nacht. I erinnere mich wirklich nicht, dass sie etwas anderes getan hätten als Landwirtschaft zu treiben. Ausruhen war vielleicht das Vergnügen zur Winterszeit. Aber wenn man Vieh hatte, muss man sich um sie auch im Winter kümmern.
Ihr Hof war arm, aber jedes Jahr, wenn ich sie besuchte, sah ich gewisse Änderungen, irgendwelche Fortschritte, insbesondere neue Maschinen. Vor 20 Jahren verwendeten die meisten Bauern immer noch Pferde, aber später wurde alles anders.
Gott gibt seine Gaben den geduldigen und hart arbeitenden Menschen.
Die ganzen Kinder von Genowefa und Feliks heißen: Jozek, Jadwiga, Stanisław, Zbigniew und Bozena. Sie wurden Mittelklasse-Leute, einige sogar reich. Die beiden jüngsten haben ein eigenes Geschäft in der Stadt Lipno. Jadwiga und Stanisław betreiben Landwirtschaft auf eigenen Höfen in der Nähe von Lipno, nur der Älteste ist noch alleine; Joseph ist noch bei seinen Eltern und ohne eigene Familie.
Vielleicht ist er als Bauer zu sehr beschäftigt; vielleicht ist er auch zu schüchtern oder nur einfach ein Opfer des Trends, dass alle Mädchen weggehen von den Dörfern. Nun sehen wir die Welle, Gott sei dank, sich umkehren, mag sein, dass sich eines Tages etwas in Josephs Leben ändert.
11. Bezirk Rypin
Rypin (Rippin) ist eine schöne mittelalterliche Stadt im Dobrzyner Land, 25 km westlich von Lipno und 25 km südlich von Brodnica.
Rypin hat ein schönes Symbol, wenn ich mich recht erinnere, ein schwarzes Gesicht, von dem Korn nach unten hängen und nach oben stehen. Rypin hat 2 oder sogar 3 Hügel und ein kleines mit einem Fluss mitten durch die Stadt. In der Nähe des Flusses steht eine Kirche aus der Zeit der Deutschordensritter. Das Dobrzyner (Dobriner) Land gehörte etwa 100 Jahre lang (14. Jahrhundert) dem Deutschen Orden. In jener Zeit wurde die Kirche der Hl. Dreifaltigkeit in Rypin erbaut.
Ich wurde im Sommer 1963 in dieser Pfarrei geboren und hier getauft.
Ich wohnte im Nordteil der Stadt mit meinen Eltern in einer Mietswohnung in der Jagiellonska Straße 44, in der Nähe des städtischen Lyzeums. Die Familie, die uns aufnahm hieß, wie ich mich erinnere, Michalski oder Michalowski. Es war nur eine Wohnung, so dass sie zu klein schien, als meine Schwester, ich war 2 Jahre alt, geboren wurde. Wir zogen 1966 nach Zielun im Bezirk Zuromin.
Mein Vater bekam eine schöne Wohnung im so genannten Agronomenhaus (mein Vater war landwirtschaftlicher Berater) und wir verbrachten hier die glücklichsten 6 Jahre meiner Kindheit. Es war auch eine Jagiellonski Straße.
Später zogen wir wieder um in eine Wohnung in das heimatliche Skrwilno für drei Jahre auf die Koscielna Straße. Die letzte Bleibe war dann in der Targowa Straße 10 im selben Ort, welches immer noch meine jetzige Adresse seit 30 Jahren ist, auch wenn ich dort tatsächlich nur 3 Jahre verbracht habe, bevor ich meine Ausbildung am Lyzeum Brodnica, am Pädagogischen Institut, am Seminar usw. begann.
Mein Rekord mit 6 Jahren Aufenthalt war nur in Białystok. In keiner Stadt, groß oder klein, blieb ich auf Dauer länger als 6 Jahre.
In Rypin wohnte auch mein Taufpate Onkel Zglinski.
Die älteste Schwester meiner Mutter lebt 5 km nördlich von Rypin im Dorf Marianki. Sie hat drei Kinder. Die Älteste lebt mit Ehemann, einem Armee-Offizier, und Kindern in Toruń. Marek ist der Mittlere, hat drei Kinder und wohnt nahe Brodnica im Dorf Szczuka, glaube ich, seine Frau stammt aus Puszczykow bei Poznan (Posen).
Der Jüngste, Slawomir, ist auf Vaters Farm geblieben, welche klein aber reich ist, weil sie nur Gemüse und Blumen anbauen. Sie verkaufen sie selbst auf dem Markt für gutes Geld. Einmal in der Woche pflegten sie auf den Donnerstagmarkt in Skrwilno zu kommen, und an diesen Tagen half meine Mutter aus, als sie Rentnerin war.
In Rypin, glaube ich, leben auch Margareta und Mirella Lewandowski, zwei Töchter von Onkel Janek, der sich das Leben genommen hatte. Ihre Mutter wurde in unserer Familie nicht akzeptiert, also brach der Kontakt unglücklicherweise ab. Ich träumte davon, sie zu treffen, aber meine Bemühungen blieben stets eine Absicht und wurden nie umgesetzt. Das belastet mein Gewissen. Diese beiden armen Mädchen wissen nichts über ihren Vater und seine Verwandten, selbst wenn sie es von Herzen wünschten.
In Russland und der Ukraine gibt es ein eigenes TV-Programm mit dem Namen "Ich suche dich", und TV-Mitarbeiter machen große Nachforschungen, um armen Menschen zu helfen bei der gegenseitigen Suche während irgendwelcher speziellen und herzzerbrechenden Show. Ich fürchte, in Polen haben wir kein solches Projekt.
12. Die Bezirke Golub-Dobrzyń und Wabrzezno
Ein weiterer Bruder meiner Mutter, Joseph, trieb auch Landwirtschaft. Sein Dorf Kurkocin liegt auf halbem Weg zwischen den Bezirken Golub-Dobrzyń (dt. Gollub, Dobrin) und Wąbrzeźno (dt. Briesen). Es ist noch die Präfektur (Woiwodschaft) Pommern.
Er und seine Frau Cecylia haben auch 4 Kinder: Krystyna, Ryszard, Dorota und Bozena. Beim Namen des letzten bin ich mir unsicher. Sie leben so nahe bei Rypin, aber weil in den vergangenen Jahrhunderten Polen unter den drei Kaisern von Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt war, können wir immer noch unterschiedliche Arten der Landbewirtschaftung und des Hausbaues erkennen in den Städten und Dörfern der früheren Grenzregionen.
So waren die Hälfte von Golub (nicht Dobrzyń) und ganz Wąbrzeźno (Briesen) preußische Bezirke.
Jedes kleine Dorf hier hat eine ähnliche Kirche im Stil der deutschen Zeit wie in Rypin (Rippin) und es ist erstaunlich, sie arbeiten noch, von der Zeit unberührt.
Joseph starb im Jahr nach meiner Ordination, und ich leitete die Totenmesse. Der Hof unterstand nun dem sehr jungen Ryszard. Er sandte mir dieser Tage eine E-Mail-Botschaft und fragte mich, wo ich stecke, und ich antwortete ihm aus Beijing, so weit weg. Es war bewundernswert zu vergleichen, unter welch schwierigen Bedingungen er hineinwuchs und wie schön er in modernen Zeiten die Landwirtschaft auf seines Vaters Land fortsetzt.
Die ältere Schwester Krystyna lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Golub und arbeitet im Krankenhaus, er pflegte selbst ihren Vater in seinen letzten Tagen, aber sein Herz war immer zu schwach und so starb er sehr jung. Vielleicht 50 Jahre, nicht älter ist er geworden.
Die zwei jüngsten Töchter haben auch die Höfe der Ehemänner und leben ein gutes, glückliches Leben, so dass ich stolz war, sie 2003 zu besuchen vor meiner Abreise in die Ukraine.
Mit großem Erstaunen stelle ich fest, was für erfolgreiche Leute meine Brüder und Schwestern sind.
Richtige Europäer, ziemlich mehr als ich, denn ich hatte, mich auf Mission in sowjetischen Staaten aufhaltend, keine Gelegenheit, meine sowjetischen Gewohnheiten abzulegen, sie aber taten es!
13. Der zahlreichste Familienzweig ist in Biskupice Pomorskie
Der Taufpate meines Vaters, Großvater Czeslaws drittjüngster Bruder, lebte auch in altpreußischen Gebieten, in Biskupice (Bischofsburg), halbwegs zwischen Toruń (Thorn) und Olsztyn (Allenstein).
In der Vergangenheit war das eine schöne Stadt, es gibt dort noch einen großen deutschen Friedhof.
Eine große Kirche im Zentrum, irgendein Taxifahrer war Ehemann der Tochter von Großvaters Bruder. Ein anderer Verwandter in der Stadt hatte 16 Kinder. Ich lernte sie just am Tag der Beerdigung kennen. Einer der Verwandten studierte Wirtschaftswissenschaft in Poznań (Posen) und der unterrichtete mich über irgendwelche Verwandte in Frankreich.
Ich kam einmal hierher als Seminarist mit einem Missionspriester, der seine Mutter in der Pfarrei Skrwilno besuchte. Er arbeitete in Argentinien in der Missionspräfektur und sein Name war o. Juan Skowronski. Er hatte auch Verwandte dort, deshalb beschlossen wir, sie zu besuchen.
Ich stattete dem Taximann einen kurzen Besuch ab, besuchte auch die Kirche, aber leider verbrachte ich die meiste Zeit mit der Familie Skowronski. Ich bin ein bisschen traurig. Ich weiß aus den Worten der Mutter, dass wir Verwandte in Susz (Rosenberg i. Westpreußen), sogar in Elbląg (Elbing) und Malbork (Marienburg) haben. Die gleiche Nachricht bekam ich von Großmutter Janina, aber ich war außerstande, sie alle zu finden. Ich suchte meine Familienwurzeln nur als Jugendlicher, als Seminarist setzte ich dies mit vielen Einschränkungen fort und als Missionar hörte ich damit auf.
14. Tiefes ostpreußisches Masuren
Die Schönheit Masurens wird in vielen Büchern beschrieben, deshalb wird meine Bemühung sehr schwach sein und es wird nutzlos sein, sich sehr anzustrengen. Mein Wunsch ist, einen starken Eindruck von Verwüstung und Verlassenheit zu vermitteln. So viele Städte in Ostpreußen sahen so aus, ohne über ihre Geschichte zu wissen. Häuser und Kirchen, die Unternehmungen und Verhalten der Menschen und ihre Worte bezeugten, dass hier etwas Verrücktes geschah. Das Land hatte keinen richtigen Hausherrn und keine richtige Behandlung. Der Pflichtbesuch auf deutschen Friedhöfen war eine intuitive Aktion, welche vielleicht die Bedeutung hatte, wie eine Verbeugung, mit der um Vergebung gebeten wird gegenüber den alten Besitzern für kaputte Straßen, Häuser und das ganze kaputte Land.
Auch die für Polen ungewöhnliche Zahl von kollektiven landwirtschaftlichen Betrieben, die natürlich schlimmer waren, leichter zu verwirklichen waren als der private Bereich und sich damit vom ganzen übrigen Rest Polens unterschieden. Die Menschen auf diesen Farmen lebten vielleicht unter gleichen Bedingungen, will heißen, der Armut wie private Bauern, aber völlig würdelos oder ohne religiöse Gewohnheiten. Solche landwirtschaftlichen Betriebe wählen sich Leute aus ohne Wurzeln und Lebensziel.
Die Euphorie, "historisch polnisches Land" zurück zu bekommen, war von kurzer Lebensdauer. Der Alltag kam und viele Generationen haben keine Vorstellung, wie man diesen Orten ihre Schönheit wiedergeben könnte. Einige nostalgische Bilder sah ich in Gebieten, welche die Sowjetunion von Polen oder von Japan wegnahm, nur um seine Vormachtstellung zu zeigen, nicht um diese Länder zu entwickeln.
Ich kann euch sagen, dass ich in diesen Jahren Ostpreußen nicht als "polnisches Land" gesehen habe, sondern als ärmste, dreckige und verbotene Kolonie. So war es in den 80ern in Elk (Lyck), Olecko (Treuburg) oder Gołdap (Goldap), schlimmer noch in kleinen Städten wie Wydminy (Widminnen), Straduny (Stradaunen) oder Prostki.
In Elk in ostpreußischen Masuren lebte die jüngste Schwester meiner Mutter. Geographisch am weitesten entfernt, aber psychologisch am nächsten. Sie ist gerade 10 Jahre älter als ich, also wie eine ältere Schwester.
Sie kam an solch einen Dienstpflicht-Ort als Absolventin eines pädagogischen Instituts.
Erst war es das Dorf Straduny (Stradaunen). Dort traf sie den jungen Mann Anton, bescheiden, hübsch und stets lächelnd, aber nie redend. Die ganze Familie mochte ihn, auch ich.
Ihnen wurden drei Kinder geboren, zwei Töchter und ein Sohn. Ihre Namen sind: Julita, Aleksandra und Patryk.
Elk ist nah beim podlachischen (poln. Podlaska) Białystok. Ich studierte dort während meines Seminaraufenthaltes, deshalb erhielt ich die Gelegenheit, sie vielmals während meiner sechsjährigen Studienzeit zu besuchen. Julita hat ihren Ehemann in Szczecin (Stettin) an der deutschen Grenze, daher hat sie nicht viel Zeit, Elk zu besuchen. Ihr Leben ist nicht süß, sie heiratete einen unseriösen Jungen. Von Zeit zu Zeit haben sie keinen Job, und vielleicht müssen sie hungern. Diese Botschaft erhielt ich von ihrer Mutter. Die mittlere Tochter Aleksandra arbeitet im Büro, ihr Mann arbeitet im Markt, so haben beide mehr oder weniger gute Lebensbedingungen in Elk. Patryk war beim letzten Mal noch im Studium, aber im Sommer arbeitete er schwarz in Italien, was eine sehr gefährliche Erfahrung ist; er träumte sogar davon, mit derselben Absicht in die USA zu reisen, bekam aber kein Visum. Beide, Vater und Mutter, sind in Rente, und ihr Einkommen ist nicht so hoch als ich sie vor drei Jahren sah. Wir sind immer noch enge Freunde im Herzen.
Elk wurde 1992 Diözese und der Papst besuchte die Stadt 1999. Dies war vielleicht das schönste Ereignis in der Geschichte der Stadt. Die Diözese und die Stadtväter strengten sich an, das Gesicht der Stadt zu verändern. Es war schwer, sie wieder zu erkennen... Vor drei Jahren erhielt auch mein freundlicher Bischof Mazur hier seinen Bischofssitz nach der Ausweisung aus Sibirien, also habe ich einen weiteren Seelenverwandten hier.
15. Płock
Płock kenne ich aus Schulausflügen zum Zoo, von ganz von Anfang an kenne ich einige Hauptstraßen.
Vater Adam Walesiak nahm vor einiger Zeit drei Jungens im Auto mit, um uns eine Priesterweihe zu zeigen. In der Kathedrale waren so viele Menschen, so dass ich nichts sehen konnte, aber ich erinnere mich noch gut an die Kathedrale wie an das Seminargebäude außen, innen und die Gärten. Ich war wirklich beeindruckt.
Da war auch im gleichen Gebäudekomplex das Niedere Seminar, in dem zwei Jahre lang mein mittlerer Bruder Czarek studierte.
Die petrochemische Gesellschaft, welche ich als Baby auf der Reise nach Łódz gesehen hatte, verpestet die Luft der Umgebung wirklich, und viele schwangere Frauen haben tatsächlich Bedenken, ob sie ein gesundes Kind zur Welt bringen. Ich weiß, dass ein Kind meines jüngsten Bruders Peter während der Schwangerschaft starb. Vielleicht war die Ursache ähnlich.
Er lebt dort seit seiner Studienzeit. Er heiratete im dritten Studienjahr in Toruń. Im letzten, vierten Jahr reiste er an Wochenenden, um sein Diplom als verheirateter Mann zu erwerben.
Beide Eltern, die seinen und die ihren, waren arme Leute, aber sie gaben ihnen trotz ihrer Armut alles, was ihnen möglich war, um ihnen einen guten Start zu ermöglichen. Es ist wirklich ein nettes Paar.
Iwona arbeitet als Übersetzerin für Deutsch in der örtlichen Verwaltung. Peter ist Englischlehrer an einem Kolleg und sogar am Gymnasium. Er gibt auch Privatstunden, so dass er bei Tag und Nacht beschäftigt ist. Englisch wird in Polen sehr beliebt, daher hat er wirklich einen guten Job. Es ist wichtig, es nochmals zu sagen, dass er als letztes Kind einer etwa 40-jährigen Frau geboren wurde. Ich kann mir unsere Familie ohne ihn nicht vorstellen.
Mutters einziges Glück ihrer letzten Tage war, ihn verheiratet zu sehen.
16. Chojnice
Chojnice (dt. Konitz) ist in einem gewissen Sinn auch eine ostpreußische Stadt. Mit einem Unterschied, dass die slawische Minderheit im Ort katholisch und stets loyal zu Polen war, viel mehr als die lutheranische slawische Minderheit in Masuren. Wir nennen sie Kaschuben; ihre Sprache, voller "Germanismen" in Wortschatz und Grammatik, ist mir seit Kindheit auch vertraut, obwohl wir keine Kaschuben sind. Ich hörte diese Sprache während meines Aufenthaltes in Stary Mlyn in den Ferien während der 5. Klasse der Elementarschule und im Sommer-Pfadfinderlager in der 8. Klasse gerade in Chojnice (Konitz) und Tuchola (Tuchel).
Meine Schwester bekam als Lehrerin eine Arbeit und ein Haus dort. Mein Bruder Peter im Lyzeum wohnte bei ihr.
Meine Schwester verliebte sich in einen Arkady, der Autos wartete. Sein Vater unterhielt einige Geschäfte in der Stadt, und sie waren vor einiger Zeit mit die reichsten Leute in der Stadt. Der Markt änderte sich und nun haben sie nur noch einen Laden. Arkady ist nicht mehr so stolz wie zuvor und wir werden langsam Freunde.
Zuerst befürchtete ich sehr, dass man sie in solch einer Familie als Dienstmädchen behandeln würde. Daher war ich argwöhnisch. Ich war sogar nicht bei der Trauung dabei. Solch eiserne Prinzipien hatte ich damals.
Die Entscheidung meiner Schwester gegen meinen Rat war für viele Familienmitglieder ein Glücksfall.
Mutter hatte Frieden und Ruhe, wenn sie die Schwester, die Familie besuchte; sie starb dort und liegt dort begraben.
Auch die Schwester ist so anders als ich, muss ich sagen. Sie hatte Recht, ich hatte mich geirrt.
Sie war immer eine realistischere Frau und daher für andere hilfreicher. Besonders für die am nächsten stehenden Personen.
Sie hat zwei kleine Kinder: Patricia und Arek.
Wo sind die Toilettenutensilien?
Meine persönliche Biographie, welche auch Freunde, Orte oder religiöse Gefühle enthält, ist sehr umfangreich und ich werde in einem gesonderten Text fortfahren. Ich habe, nachdem ich mein Zuhause verlassen habe, gemäß den Verheißungen Jesu, Väter und Brüder, Hunderte von neuen Brüdern, Väter und Häuser erhalten, die für mich Wirklichkeit wurden.
Natürlich zog ich vielmals hierhin und dorthin, ohne Aufenthalt, so dass ich häufig in Verlegenheit war, wenn man mich um meine Adresse bat. Einer der Priester fragte mich, so sag mir doch, wo deine Toilettenutensilien auf Dauer sind. Ich sage dir dann, wie deine Adresse lautet.
Chinesische Affen haben eine Adresse, die eigene Insel, auch wenn sie keine Toiletten benutzen.
Nach der Ausweisung aus Sachalin habe ich keine Insel mehr, manchmal habe ich eine schöne Landschaft, die mein Herz anspricht, und ich kann dies meine Heimat nennen.
F. Jaroslaw Wisniewski
(Aus dem Englischen übersetzt von Leo Nürnberger,