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Missionspriester bittet um Unterstützung


INTERVIEW MIT FR. JAROSLAW WISNIEWSKI, DER VOR 2 JAHREN (2002) VON DEN RUSSISCHEN BEHÖRDEN AUS SACHALIN AUSGEWIESEN, NUN GEMEINDEPRIESTER IN MAKEJEVKA; UKRAINE, IST.

Frage (F): Nachdem Sie aus Russland ausgewiesen worden waren, begannen Sie in der Ost-Ukraine.

Fr. Jaroslaw (A): Ja. Nach der Rückkehr von Japan, wo ich ein paar Monate Auszeit genommen hatte, und nachdem ich von den russischen Behörden Fernost ausgewiesen worden war, nahm ich die Gelegenheit an, in der Ukraine zu arbeiten. Ein Priestertum außerhalb der Mission war für mich unvorstellbar, vor allem in den Ost-Staaten. Eine große Überraschung war es für mich festzustellen, dass die Ukrainer mich akzeptierten. Ich bekam die Registrierung [Aufenthaltserlaubnis?; L.N.] für ein Jahr und die Erlaubnis, mit der Arbeit anzufangen.

F: Sie begannen die Arbeit in der neu errichteten Diözese Charkow-Zaporozhyan, welche russischsprachige ostukrainische Gebiete einschließt. Vermutlich ist es das schwierigste Land, in dem man eine pastorale Tätigkeit beginnen kann.

A: Vorher war dieses Territorium Teil der Diözesen Kiew-Zitomir und Kamenec-Podolski. Es war nur der östliche Teil dieser beiden Diözesen. Die Entfernung zum Bischofssitz betrug mehr als 1000 km, was das Funktionieren einer solchen lokalen Struktur sehr schwierig machte, insbesondere, wenn man den Priestermangel in Betracht zog. Die Folge war, dass viele Menschen mit katholischen Wurzeln, auch diejenigen, die Katholiken mögen, außerhalb jeglicher pastoraler Tätigkeit lebten.

F: Kamen diese Menschen meist aus anderen Teilen der Ukraine?

A: Ja. Ein großer Prozentsatz von denen sind Polen, arme Leute, die in dieser sehr industrialisierten Gegend nach Arbeit suchten ... andere Menschen wanderten zu aus anderen Teilen der Ukraine, aus Kasachstan, Weißrussland oder Litauen. Man kann hier Menschen deutscher oder tschechischer Herkunft treffen. Unglücklicherweise sind die Menschen mit rein katholischer Tradition hier in der Minderheit. Viele von ihnen waren Opfer von sowjetischer Verfolgung und Deportation. In der Tat gab es vor dem 1. Weltkrieg eine große Zahl von ihnen. Im Dekanat Berdjansk, welches das heutige landwirtschaftliche Gebiet des Territoriums Donbass [das Donez-Steinkohlebecken; der Übers.] einschließt, gab es laut noch existierender und bekannter Statistiken 15 Pfarreien mit 27.370 Katholiken. Die älteste Gemeinde wurde 1860 in Mariupol gegründet. Diese Pfarreien wurden in den 20er- und 30er-Jahren zerstört. Die meisten Kirchengebäude wurden beschädigt. Andere, entweiht, überlebten für ihren zivilen öffentlichen Gebrauch.

F: Sie wurden eine Art von Spezialist dafür, zu den Gläubigen zurückzukehren und sie wieder aufzurichten?

A: Zuerst begann ich mit nur einfacher Pfarrtätigkeit während der Abwesenheit von kranken Priestern in der Großstadt Lugansk, direkt an der russischen Grenze. Während 2 Monaten studierte ich die Lebensbedingungen und die örtlichen Gebräuche.

F: War es sehr vergleichbar mit Russland?

A: Zuerst dachte ich das. So viele Ähnlichkeiten, aber nach und nach bemerkte ich auch einige Unterschiede. In der tat ist Lugansk eine russischsprachige Stadt, aber sehr anders im Vergleich mit rein russischen Städten in der Nähe, die ich vollkommen kannte in meinem vorherigen missionarischen Leben.
Zum ersten Mal begegnete ich hier Griechisch-Katholischen. Ich war sehr überrascht, wie sehr eifersüchtig diese Leute sind. Ich beobachtete auch, wie vielen Problemen sie gegenüberstehen unter den Bedingungen der spirituellen Wüste. Es scheint wie im Dschungel zu sein, bei Null zu beginnen, indem man kleine und arme Gemeinden in der Ostukraine schafft, um Zeugnis zu geben von der Autorität ihrer eigenen hier unbekannten Kirche. In Lugansk schrieb ich viele Artikel, viel Zeit verbrachte ich im Internet. Ich war glücklich wie ein kleines Baby wegen der unerwarteten Erlaubnis zur Rückkehr in die Mission. Jeder Tag war für mich ein Geschenk der göttlichen Fügung.

F: Der nächste pastorale Punkt war Donbass, das landwirtschaftliche Gebiet von Donezk.

A: Ja, innerhalb von 2 Monaten kehrte ich zurück zu meiner missionarischen Gewohnheit und mit der Hilfe guter Menschen erhielt ich das schöne Kirchengebäude in Enakevo. In den ersten Tagen gab ich 5000 ukrainische Hrivna (ungefähr 1000 US Dollars) aus, um die Fenster zu reparieren. Es war dringlich und notwendig, weil der Winter kalt war und die alten Pfarrangehörigen schlicht krank wurden. Die Begeisterung und der Eifer ging langsam in Traurigkeit über. Eine solche Atmosphäre beeinflusste auch mich, wenn ich mir klarmachte, wie viel Aufmerksamkeit und Geld wir brauchten, um das Kirchengebäude zu restaurieren. Zur Osterzeit gab ich 2000 Hrivna aus, um gefährliche alte Bäume zu fällen, welche die Fundamente des alten Kirchengebäudes beschädigten. 4000 Hrivna kostete es, um 10 Haufen zu produzieren, was für die Leute dort eine astronomisch riesige Menge Geld ist (bei einem Monatslohn von etwa 30 Dollar). Auf der Suche nach irgendwelchen Geldgebern verbrauchte ich viel Zeit und Energie.... . Unsere Gemeinde in Enakevo begann 1906 mit 1534 Pfarrangehörigen. Es war sehr schwer, eine neue Generation von Katholiken zu finden und denen zu erzählen, dass die durch göttliche Vorhersehung zurückgekehrte Kirche nicht irgendein „"dummes ungewöhnliches Ereignis“", sondern Gottes Geschenk ist, und dass wir aktiv auf solch eine Gnade zu antworten haben. Es war wie ein Ruf in der Wüste... . Ich verlor wirklich und im wörtlichen Sinne meine Stimme. Es war etwas Ähnliches wie die Geschichte, die Zacharias widerfuhr, als der Engel verkündete, dass er einen Sohn namens Johannes den Täufer haben werde.

F: Gleichnishaft ..... Stille.

A: Ja, ich hörte auf, Artikel zu produzieren, ich schrieb keine Weihnachtskarten mehr. Während pastoraler Besuche bei meinen Gemeindeangehörigen im Januar war ich bis tief in die Nacht von zu Hause weg, benützte mein Telefon nicht. Ich stürzte in eine tiefe Depression. Ich erwachte mit starken Schmerzen in der Schulter... und stellte fest, wie seltsam solch ein Leben für einen 40-Jährigen ist.

F: Es war eine Art von "rotem Licht"

A: Mehr oder weniger. Ich begann an Urlaub zu denken. Aber gleichzeitig überlegte ich, wie ich irgendeinen Priester finden könnte, der mich hier ersetzt, um dann meine Arbeit fortzusetzen in einer so großen attraktiven Halb-Millionen-Stadt Makejevka (legendäre Zarenstadt der jüdischen Gershwin-Oper "Spielmann auf dem Dach"1, Gorlowka und Artiomowsk, früher als Bachmut bekannt).

F: Sie sehen sehr müde aus. Gekleidet in der selben Soutane wie in Sachalin, in alten und ärmlichen Schuhen...

A: Es gibt viel wichtigere Probleme als mich anzuziehen und gut auszusehen. Ich habe nicht genug Geld, um Benzin für das Gemeindeauto zu kaufen, zeitweise gibt es nichts zu essen. Meine Leute in Makejevka treffen sich in einer kleinen armseligen Kapelle. Es war eine Gelegenheit, etwas Besitz am Hauptplatz der Stadt zu kaufen, aber von Tag zu Tag verliere ich die Hoffnung, wir könnten unsere Gemeinde entwickeln. Im Sommer ist es drinnen so heiß, mehr als 40 Grad... Der Sauerstoff ist voll von landwirtschaftlichen Giften, deshalb ist Beten in solch einer kleinen Kapelle sehr gefährlich.

F: Wie trieben Sie Geld auf um zu überleben?

A: Nur mit der Hilfe von großzügigen Ausländern... Menschen, die meine Website www.orient.opoka.org2 aufsuchen, geben mir von Zeit zu Zeit Spenden auf mein polnisches Konto und ich darf sie hier mit meiner "elektronischen Visa Card" abheben. Leider ist es nicht genug, um irgendwelche ernsthaften Projekte zu planen wie die Reparatur der Kirche oder den Kauf von Besitz. Ich plante eine Reise nach Spanien, aber es gab niemanden hier um mich zu ersetzen. Die Ukraine hat nicht genügend Priester, mein heimatliches Polen hat immer noch kein missionarisches Denken. Die polnische Priesterschaft ist noch immer nicht bereit, sich von ihren bequemen Pfarreien weg in die Mission zu bewegen. Der Osten wird von ihnen als wild, arm und gefährlich erkannt.
Ich glaube noch daran, dass eines Tages irgendein freiwilliger Priester kommen mag und mir die Gelegenheit gibt, mich ein bisschen auszuruhen und einige Leute im Ausland zu besuchen, die die Mission unterstützen. Da ich jetzt die Chance habe, appelliere ich erneut an die Menschen, welche dieses Interview lesen, meine Mission auf jede nur mögliche Art zu unterstützen.

F: Danke für das Gespräch.



Das Interview führte:
Marek A. Koprowski (F) für das Wochenblatt "Najwyzszy Czas"
am 19. Juni 2004, in Polen.

Der Text wurde ins Englische übersetzt von Fr. Jaroslaw Wisniewski (A) selbst.
Anschrift: 86108 Makeevka, ul. Lenina 30, Ukraina;
Tel.: +38.06232.67992

Die deutsche Übersetzung aus dem Englischen besorgte:
Leo Nürnberger, Balingen, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.